Sonntag, 9. März 2014

Fahrkartenausgabegerät


Bahnhof Erdorf Freitag nachmittag, kurz vor halb vier. Der Zug Richtung Trier geht um 15:41, ich muss noch eine Fahrkarte nach Nassau/ Lahn ziehen, und am Automat steht eine junge Frau und betätigt die vielfältigen Informationsbuttons. Auf dem Bahnsteig ein paar Wartende: Ein mitteljunger Mann im Handwerkerdrillich, ein mittelalter Schüler mit Trolleykoffer, eine ältere Dame ins Ratschen vertieft mit einem älteren Herrn. Die junge Frau findet im Automaten, was sie gesucht hat, eine Fahrkarte fällt in den Ausgabeschacht. Die junge Frau sucht nach Informationen zu Anschlussverbindungen.
Als sie denn fertig ist, es ist inzwischen 15:34, kann ich das Fahrkartenausgabe- und Reiseinformationsgerät in weniger als einer Minute überzeugen, mir eine Fahrkarte zum gewünschten Ziel auszudrucken, 31 Euro zu schlucken und eine 10-Cent-Münze zurück zu geben. Mir fällt ein, dass ich in meiner Schultasche, die im geparkten Auto wartet, eine Zugverbindungsinformation vergessen habe, die mir beim Umsteigen in Ehrang und Koblenz von Nutzen sein kann. Es sind noch fünf Minuten bis zur fahrplanmäßigen Abfahrt, ein kalkulierbares Risiko, und ich finde die Blätter auch nach wenigem Suchen.

Im Zurückgehen sehe ich das Plakat „Rheinland-Pfalz-Ticket 23 Euro“ und stelle fest, dass ich für den Zielaufdruck auf der Karte 7,90 Euro bezahlt habe. Ich werde die Karte fortan als wertvolles Souvenir behandeln und mich daran erfreuen. Sie konserviert eine Erfahrung, die ich bei dem schlichten Aufdruck „Rheinland-Pfalz-Ticket 24.01.2014, gültig bis 3 Uhr des folgenden Tages auf allen Linien in Rheinland Pfalz (und dem Saarland)“ in zehn Jahren gewiss nicht als Erinnerung abrufen könnte, zumal ich sie ja garnicht erst aufheben würde.

Um 15:41 senken sich die Schranken an der Erdorfer Hauptstraße, der Zug lässt sich noch ein wenig Zeit, kommt, wir Wartenden steigen ein, haben eine fast freie Sitzplatzwahl, ich setze mich, die ältere Dame vom Bahnsteig betritt den Waggon, sortiert sich, guckt um sich, fragt mich, ob das hier 2. Klasse, sonst müsse sie nämlich woanders, der Zug fährt ab,  ein Schaffner mit Zopf kommt, „Zug'die'ne die Fa'katnbte“, die ältere Dame vom Bahnsteig bestellt eine Fahrkarte nach Ehrang. Schräg hinter dem Schaffner schreit in doppelter Ausfertigung ein Schild, dass hier nur zutreten darf, wer im Besitz eines gültigen Fahrausweises ist, sonst teuer.
Der Schaffner, freundlich, vermittelt ihr das Gleiche in gesprochenem Wort.
Der Antwortton changiert zwischen beflissen, betroffen und ansprucherhaltend: Ja, Nein, Sie habe da, sie wolle jetzt  hier die Fahrkarte nach Ehrang kaufen, ja, der Automat, das ging nicht.
Der Schaffner hakt ein: Der Automat war defekt? -Ja also, der Automat, das ging nicht, wissen Sie (sie hält die Linke hoch, die fest verbunden ist), ich kann ja auch nicht, wissen Sie,...
Der Schaffner weiß nicht.
Das Gespräch mäandert um Pflichten, Unmöglichkeiten, Nachweise, Besuche am Grab der jüngst verstorbenen Tante und schmerzende Beine, die vor Automaten ihren Dienst versagen, um erhöhte Fahrpreise, um 50 Euro und um Ausnahmsweise.
Kurz, man kommt ins Geschäft, und die ältere Dame wird dankbar: Ob es denn jetzt als Bestechung aufgefasst werden könnte, wenn sie dem Schaffner nun als Dankeschön ein Trinkgeld gebe. Der Schaffner überhört das geflissentlich, stellt den Fahrausweis aus, kassiert das im Zug zu zahlende Beförderungsgeld-wegen-defektem-Fahrkartenausgabeautomaten und schickt noch nach, dass er das macht, weil er das machen möchte, und nicht, weil er dafür etwas, und überhaupt, wenn sie dafür etwas und wenn sie mal nach Köln komme, er trinke den Kaffee schwarz.
Da trumpft sie aber auf: Ja nein, das machen wir aber ganz anders, weil, da kommen Sie nämlich den Kaffee trinken in Erdorf, gleich am Bahnhof, da bin ich nämlich Kellnerin, und da mache ich Ihnen dann einen Kaffee, aber Hallo!

Umsteigen in Ehrang.
Fast zwei Stunden Fahrzeit nach Koblenz.

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